Sonntag, 13. September 2015

Wanderfahrt Wolgast–Usedom

RV Wolgast Panorama (Foto: 2015 © Helge Kubath)
Zwölf Verrückte haben sich zusammen gefunden, um auf Usedom zu rudern - Oberverrückter Heiko hatte dazu aufgerufen. Bereits im letzten Jahr war er mit vier anderen Kameraden dort, um das Revier auszukundschaften.

Dieses Jahr gab es ein Dutzend neue Kandidaten, insbesondere aus dem Schüler-Rudern. Björn, Frederick, Edwin, Gunnar, Laura, Chiara, Charlotte, Heiko, Thomas, Frank, Bojana und Helge reisten zu der beliebten Ostseeinsel, um die Riemen zu pullen.
Inrigger verladen (Foto: 2015 © Helge Kubath)

Bereits am Donnerstag verluden wir die zwei Inrigger von TiB auf den Trailer. Diese Boote sind aufgrund der breiten und oben geschlossenen Bauweise besonders gut zum Hochseerudern geeignet. Heiko klemmte den Trailer an seinen Jeep und düste noch am Donnerstagabend an die Küste.
Alle Anderen folgten am Freitag. Gegen Nachmittag angekommen konnten wir es nicht erwarten und sind nach Zeltaufbau und Vereinsinspizierung sofort in See gestochen.

"Inrigger Rennen" (Foto: 2015 © Helge Kubath)
Auf der Peene machten wir uns mit den Booten vertraut. Nur Heiko, Thomas und Charlotte haben ordentliche Riemen Erfahrung. Alle anderen hatten es kurz vorher gezeigt bekommen oder müssen jetzt ihre Bekanntschaft damit schliessen. Aber alles nicht so schwer. Nach gut einem Kilometer sind wir eingegrooved und knüppeln über die Peene.

"Heiko glücklich" Foto: 2015 © Thomas Holl

"Jagd auf Roter Oktober" Foto: 2015 © Thomas Holl

"Davongefahren" Foto: 2015 © Thomas Holl



Wir bewundern die Schilfufer und die grossen Segelschaluppen. 

Zurück zum Heimathafen RV Wolgast, um auf dem Grill ein lecker Abendbrot zuzubereiten. Bis spät in den Abend klönen wir und lachen uns die Seele aus dem Leib.

"Frühstück" (Foto: 2015 © Heiko Engel )

Am nächsten Morgen stehen alle pünktlich auf und frühstücken kräftig. Schließlich haben wir heute Großes vor: Die Peene rauf bis zur Ostsee. 
Den Anfang des Wegs kennen wir bereits von gestern. Doch diesmal rudern wir noch weiter bis wir an den Hafen von Peenemünde kommen. Hier machen wir etwas länger Pause. Aber nicht bevor wir ein paar coole Bilder mit dem U-Boot gemacht haben.

"Angriff" (Foto: 2015 © Helge Kubath)

"Piratenbraut" (Foto: 2015 © Helge Kubath)
Thomas hatte leider schon im Hafenbecken festgemacht. Da wollten wir aber nicht hin. Wir legten in der Bucht vom U-Boot an - hier liegt auch ein Restaurantschiff in das wir dann einkehrten. Thomas und Crew wollten dann wohl doch nicht alleine bleiben (leider konnte man nicht einfach die Bucht entlanglaufen) und kamen kurze Zeit später zu uns gerudert.

Pause im Hafen (Foto: 2015 © Helge Kubath)

Ok, weiter geht's. Aber die Mädels wollen nicht mehr weiter. Die Dimensionen sind hier schon anders. Teils rudert es sich auch schwierig wegen den Sandbänken - aber das erfahren wir erst so richtig auf der Rückfahrt.

Also kleine Neukonstellation der Besatzung: Heiko rudert mit den Mädels zurück und der Rest will noch weiter die Ostsee anstechen. Während Heiko nebst Crew die Peene wieder zurückrudert, heißt es für uns scharf rechts und weiter gen Peenemündung.

Wo geht den die Ostsee nun los? Wir rudern und es zieht sich. Aber das liegt wohl vor allem an der falschen Erwartungshaltung. Jeder rechnet mit Wellen. Doch denkste. Die Ostsee ist so flach, da träumen wir in Berlin von. So etwas bekommst du vielleicht mal abends auf dem Müggel'  präsentiert - wenn dir kein Motorboot dazwischenfunkt.

Die Dimensionen auf dem Wasser sind auf jeden Fall etwas anderes. Die Wellen verlaufen sich schön und werden nicht vom Ufer zurückgeworfen - anders als wir das ständig bei den Spundwänden in Berlin erleben.

Langsam wird es offener und dann kommt der Moment – kein Land am Horizont – wir sind auf der Ostsee. Also wir waren schon noch in Landnähe - nicht das ihr denkt wir wären bis auf's Meer hinausgerudert - das machen wir erst beim nächsten Mal :-) .

"Ostsee" (Foto: 2015 © Helge Kubath)

"Tschüß Ostsee" (Foto: 2015 © Helge Kubath)

OK. kurz ausruhen und zurück.
Wir folgen Thomas  - er kennt sich hier ein wenig besser aus als wir. Doch was ist jetzt los? 
Das Ziehen der Riemen wird auf einmal extrem zäh und schwer. Es ist als wenn man die Riemen durch Gelée zieht. Ich sehe, dass ich am Blatt enorm viel Sand aufwirbele. Kann das sein? Wir sind doch direkt neben der Fahrrinne! Das Ufer ist gut 30 bis 40 Meter entfernt. 
Das Pullen ist inzwischen fast unmöglich. Charlotte greift sich den Piker und checkt die Tiefe des Wassers. Upps, gerade mal 30 Zentimeter. Wir schieben unseren 2er-Innrigger gerade über eine ordentliche Sandbank. Doch jetzt ist es zu spät. Nur nicht stehenbleiben, sondern Fahrt beibehalten. Wir prügeln die Riemen durch die zähe Masse. Langsam wird es wieder entspannter und 20 Meter vom Land entfernt rudert es sich wieder wie man es gewohnt ist. Verrückt. Das Sandbankphänomen lässt sich rückblickend auch gut daran erkennen, dass das Boot plötzlich eine Welle hinter sich herzieht.  Memo für die nächste Tour hier.

"Das hätte man doch sehen müssen" wird jetzt der ein oder andere sagen. Ja hätte man – wenn nicht derzeit das Gewässer dermassen gekippt wäre, dass man außer Algen nichts mehr sah. Die Brühe war giftgrün. Sichtweite: Null Zentimeter. 

Wir wollen einen Zwischenstopp. Wir steuern bei tropischer Hitze auf einen kleinen Strand zu. Zwanzig Meter vor dem Ufer müssen wir jedoch stoppen. Es ist wieder so flach, dass wir uns dazu entschieden auszusteigen und die letzten Meter das Boot an Land zu ziehen. 
Pinkeln, Essen und Bootsmannschaften gemixt. Weiter geht's.

"Chillen" (Foto: 2015 © Thomas Holl)

In Wolgast wieder angekommen sind wir alle gut geschafft, aber glücklich. Nur die beiden Junioren nicht: Edwin und Gunnar gehen noch auf dem Ergometer im Vereinshaus Kilometer schrubben. Wenn das mit denen so weitergeht, sehen wir die in ein paar Jahren im Deutschland Achter.

"…es wurde geblödelt…" (Foto: 2015 © Thomas Holl)
Abends wird wieder gegrillt, gefachsimpelt und gelacht. 
Einer unserer jüngeren Kameraden ist vom Workout am Tage so geschafft, dass er uns am Tisch einschläft. Wir bringen ihn zu Bett und beenden auch rechtzeitig den Abend, bevor morgen alle durchhängen.

Am nächsten morgen wieder Stullen geschmiert und rein ins Boot. Heute wollen wir in die andere Richtung und Achterwasser durchpflügen. Dummerweise verabschiedete sich noch am Steg die Dollenschraube beim Gnitz-Boot. Plumps war sie im Wasser auf nimmer Wiedersehen. Verdammt. Die weichen Plastikdollen kann man in keinster Weise offen fahren. Also wieder zurück ins Bootshaus und die Dollen von anderen Booten durchprobiert. Logischerweise sind alle Schrauben fest und lassen sich nicht einfach vom Gewinde runterdrehen - ich weiß bis heute nicht wieso das passiert ist. Aber an einem Einer haben wir Glück und auch hier lässt sich die "Mutter" komplett runterschrauben. 
Ausfahrt gerettet. Leinen los und ab  - unter der schicken Zugbrücke hindurch.
"Vogelspektakel"  (Foto: H2015 © Helge Kubath)

Wir fahren vorbei an größeren Reedereianlagen und Militärschiffen. Später wird es wilder an den Ufern und wir sehen Kraniche und andere Tiere, die die Ufer für sich beanspruchen. Das Wasser bleibt leider giftig grün.

Achterwasser erreicht geniessen wir den Blick rüber zu Gnitz (Namensgeber für das Boot in dem ich gerade rumkutschiere).
Uns reicht es. Wir kehren um. Auf halber Strecke begegnen wir noch einer Schaluppe  - die hatten wir auch schon die letzten Tage aus der Ferne ab und zu gesehen - doch diesmal ganz nah - kreuzte sie unseren Weg. Schon schön anzusehen so ein Zweimaster.


"Schaluppe" (Foto: 2015 © Helge Kubath)

Es fängt an zu regnen. Wir gehen wieder in die Auslage und rudern weiter gen Heimathafen Wolgast.

Die Angler und anderen Motorboote flüchten ebenfalls und machen ordentlich Welle. Jaaaa - so habe ich mir Ostsee vorgestellt. Unser Bug kracht mit Getöse durch die Wellen und wir konzentrieren uns, um nicht die Skulls und Riemen zu verlieren. 
Auch wenn die Wellen nicht von Natur her kamen - die Seegigs konnten so zum Schluss nochmal zeigen, wozu sie dienen.

"Sonnenuntergang" (Foto: 2015: Helge Kubath)

Kaum hatten wir angelegt, eroberte sich die Sonne wieder ihren Platz am Himmel und trocknete unsere Zelte und Boote. Wir räumten ein und verluden die Boote wieder im Bootshaus und auf unserem Trailer. Charlotte turnte in den Seegigs rum und verzurrte die Innenseiten mit dem Trailer.

Charlotte zurrt die Seegigs wieder am Trailer fest (Foto: 2015 © Helge Kubath)

In der Gaststube noch letzte Instruktionen für die Heimreise und ein Megafettes Danke an unsere Gastgeber. Jens - Du warst Spitze.

Wir springen in die Autos und cruisen zurück nach Berlin. Doch einen Zwischenstopp können wir uns nicht verkneifen. Diese falsche Schreibweise eines Ortsschilds müssen wir natürlich einmal richtigstellen.

Autocorrect 2.0 (Foto: 2015 © Charlotte Schmidt)


In Berlin angekommen werden die beiden Seegigs abgeladen und wieder liebevoll an ihre Plätze in der Bootshalle postiert. Mit der Erfahrung von diesem Jahr werden wir es im nächsten Jahr bestimmt einmal um die Insel rum schaffen. Mal schauen. 

Feuerwerksartiger Dank gilt unserem Fahrtenleiter Heiko Engel, der alles so top organisiert hat.

2015 © Helge Kubath








Weitere Bilder von unserem Abenteuer könnt ihr in der Slideshow sehen.



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