Dienstag, 16. Juni 2015

Vogalonga zieht

Jeden Pfingstsonntag demonstrieren in Venedig tausende Wassersportler aus der ganzen Welt. Sie sind für den motorlosen Wassersport und gegen die Verschmutzung der Lagune. Ihre Kundgebung findet auf der Lagune und dem Canal Grande statt. Die Strecke beläuft sich auf 30 km Wasserlänge. Die Veranstaltung nennt sich Vogalonga.

Detlef, Frank und ich fanden, dass das eine schöne Spaßregatta für die TiB wäre, machten etwas Werbung dafür und kümmerten uns um die Realisierung unserer Idee. Beim Ruderverein Phönix trafen wir auf freundliche Wassersportler, die uns gerne mit ins Boot nahmen. Der Vorsitzende Michael Schneider übernahm den Bootstransport und die Versicherung der Boote, da der Ruf der „Schrottregatta“ Anlass bot, sich um die Boote Sorgen zu machen.

Am Sonntag, den 24.5.2015, standen wir um 4 Uhr in unserer venezianischen Traumwohnung im nördlich gelegenen Quartier Grimani/Cannaregio auf, liefen durch die frühmorgendliche, menschenleere und stille Altstadt Venedigs bis zum Markusplatz. Von Zaccaria nahmen wir ein Vaporetto, das uns über die Lagune bis nach Punta Sabbione zu unseren vier Mannschaften brachte, mit denen Phönix unterwegs war. Die Liegegebühr auf dem Vereinsplatz der Gondoliere war knallig: 10 Euro pro Nacht und Rollsitz!
Palacio Dogana da Mar und Basilica S. Maria d. Salute an der Einfahrt in den Canal Grande.




Um 7 Uhr legten wir ab, sodass wir rechtzeitig zum Start am Markusplatz ankommen sollten. Unterwegs begegnete uns eins der riesigen Kreuzfahrtschiffe bei seiner Einfahrt in die Lagune. Etwas später brachte ein Vaporetto mit seinen Wellen den ersten Kajakfahrer zum Kentern. Vor dem Start gab es noch einen diffizilen Steuermannswechsel bei der Lauenburger Mannschaft direkt gegenüber vom Markusplatz an der gegenüberliegenden Insel am Campo S. Giorgio. Inzwischen war die morgendliche Ruhe auf dem Canal di S. Marco vorbei. Nun lag dort ein unübersehbar großes Feld von Drachenbooten, Gondeln, Ruderbooten, Kanuten, Kajakfahrern und Stechpaddlern.

Start am Markusplatz
Um 9 Uhr fiel der Startschuss. Los gings! Die 30 Kilometer lagen vor uns. Die Strecke führt an der Bauchseite Venedigs; Venedig ist ein Fisch; entlang, geht beim Ansatz der Heckflosse durch die Stadt hindurch, dann zu den Inseln Vignole, S. Erasmo, Burano und Murano, bevor es über die Lagune zurück nach Vendig geht. Die Einfahrt dort ist der Canale della Missericordia in Höhe der Rückenflosse und anschließend durch Canal Grande hindurch bis zum Markusplatz, dem Ziel.

So nah an der Traumverwirklichung dran, fragte ich mich, ob ich mich von dem Tag noch überraschen lassen könnte. Ja, doch! Selbst wenn man Vorstellungen von Venedig hat, ist so ein Tag auf der türkisfarbenden Lagune für sich genommen schon ein Erlebnis. Dazu die Dolomiten am Horizont. Wie im Traum zogen die Boote mit einem durch diese Welt der Ruhe. Auf den unbewohnten und grasbewachsenen Pippi-Islands nutzen viele Boote die Chance für eine erste Rast.
Steuermannswechsel am Campo S. Giorgio

Wir zogen an Burano mit seinen blauen, grünen, roten Häusern vorbei. In Murano fuhren wir durch den Canale degli Angeli und den Canale P. Lungo hindurch. Sah aus wie Venedig in klein und einfach schön! Zuschauer am Ufer gaben viel Applaus für die Gondolieri, wenn sie ihre Ruder in den Himmel streckten. Dann, bei der Überfahrt von Murano nach Venedig, wollte uns gerade ein sehr eleganter Riemenachter überholen, als es Krrrtsch machte. Schreckensschreie, die Mannschaft stieg aus, das Boot sank. Etwas musste im Fahrwasser gelegen haben, denn etwas weiter standen zwei Kanuten und versuchten ihr Boot auszuschöpfen. Wenig später kam die Wasserambulanz.

Die berüchtigte Einfahrt in den Canal Grande war wie in jedem Jahr verstopft. Und klar, es gab rücksichtslose Mannschaften. Aber der Lauenburger Steuermann Jörg gab klare Ansagen, nutzte jede Lücke und setzte sich durch. Den Fehler, Skulls langzulegen, ließ er nicht zu. Bei der ersten Brücke sorgte ein Taucher dafür, dass alle Boote nacheinander heil hindurchkamen. Danach nur noch die Impressionen vom Canal Grande, berührend.
Volksfest bei der Einfahrt in den Canale della Misericordia
Die Rückfahrt über die Lagune zurück nach Punta Sabbione war dann aber kein Spaß mehr, da die Vaporetti und alle anderen Motorboote wieder Volldampf fuhren, sodass der Steuermann sein ganzes Können beweisen konnte und musste, um uns heil wieder nach Punta Sabione zu bringen.
Fazit: Die Vogalonga ist wirklich eine friedliche, entspannte und wunderschöne Kundgebung für den muskelbetriebenen Wassersport! Vielen Dank an Phönix!

Auf der Lagune mit Blick auf die Friedhofsinsel

Text und Fotos: Michaela Dräger


Montag, 8. Juni 2015

Mittwochsrudern


Foto: Jürgen Joachim © 2015

Von einigen sicherlich unbemerkt, auf der Jahresabteilungsversammlung zwar bekanntgegeben, im Sportangebot auf unserer Homepage auch genannt, hat sich das Mittwochsrudern wieder etabliert. Der Wanderruderwart soll ja nicht nur im Hintergrund arbeiten, Fahrten zusammenstellen und Statistiken erstellen, nein auch er soll ein regelmäßiges Angebot für den Ruderbetrieb bereitstellen. Sollte dieser mal nicht da sein, weil dienstlich verhindert, kümmert sich i.d.R. der Ruderkamerad Udo Frieske um den Ruderbetrieb. 
So treffen wir uns also immer Mittwochs ab 16:30 Uhr im WSZ, stellen die Mannschaften zusammen und ab geht’s. Spätestens 17:00 Uhr legen wir ab und rudern in Gig-Booten eine kleine Tour, z.B. nach Grünau zur Tribüne oder bis zum Müggelsee, alternativ auch in die Innenstadt bis zum Haus Zenner. Abgerundet wird das immer mit einer kurzen Pause in der Länge eines Getränkes, möglichst mit Anlegen, damit man sich mal kurz die Beine vertreten kann. So gegen 19:00 Uhr sind wir wieder zurück. Damit ist gewährleistet, dass diejenigen, die dann noch arbeiten oder am nächsten Tag früh raus müssen pünktlich wieder wegkommen. 

Die Teilnehmerzahlen schwanken derzeit zwischen drei und zehn Ruderern und das Alter der Aktiven auch. Vom Schüler bis zum Rentner sind alle Altersstufen dabei. Die Jugendlichen haben sich auch bestens in die Gruppe integriert, werden gern mitgenommen und sind sichtlich mit Spaß und Freude dabei. Sie lernen von uns „Alten“ und nehmen dankbar Tipps an. Es macht richtig Spaß mit ihnen! 

Foto: Jürgen Joachim © 2015
Dieses Mittwochs-Angebot richtet sich an alle „alten“ und neu ausgebildeten Ruderer. Das soll auch den durch Anfängerkurse stark frequentierten Ruderbetrieb am Dienstag und Donnerstag entlasten. Also: Alle, die nicht unmittelbar mit dem Kursbetrieb zu tun haben, z.B. weil sie zum Steuern eingeteilt werden, sollten bitte auch an das Mittwochsrudern denken. Kommt doch mal mit! Es macht richtig Spaß!



Jürgen Joachim (Wanderruderwart) © 2015

Dienstag, 2. Juni 2015

Das TiB -TiB Ritual

Heiko winkt in Vorfreude mit unsere Fahne
Wie jedes Jahr startete auch 2015 wieder eine Gruppe von Ruderern Richtung TiB Tiefwerder um im  Nordwesten Berlins die Kameraden zu besuchen. Mit zwei Doppelvierern stachen wir am Samstag um 9:00 Uhr in See.
Die Mannschaften wurden gut verteilt, so dass keines der Boote dem Anderen wegfahren konnte. Fahrtenleiter Udo fuhr mit der Spree voraus. Ein inzwischen betagtes aber extrem stabiles geklinkertes Boot. Heiko folgte mit unserem neuesten Kahn, dem "Großer Zug" der damit zum zweiten Mal seine Wanderfahrt-Qualitäten unter Beweis stellen musste.

Die erste Etappe ging vom Wassersportzentrum Oberspree über die Spree in den Britzer Verbindungskanal. Am Hafen Britz Ost scharf Backbord in den Neuköllner Schifffahrtskanal. An der Schleuse war dann erstmal Schluss. Wo sind Heiko und  seinen Mannen und Damen (beim ihm fuhr auch Ana mit)? Sie hatten noch schnell einen Teamwechsel bei Wiking eingelegt.
Alle wieder vereint konnte es jetzt gemeinsam durch die Britzer Schleuse gehen. Hier machten auch wir unseren ersten Steuermannswechsel.

Gefühlte 0,1 Höhenmeter tiefer ging es nun weiter bis zum Urbanhafen. In Neukölln passierten wir noch die letzten Partyhengste der letzten Nacht. Bei tiefen Bässen säumten sie die Neuköllner Ufer. Am Maybachufer ging es in den Landwehrkanal rein bis zum Urbankrankenhaus. Hier angekommen gab es für alle erstmal einen kleinen Snack. 

Erste längere Pause am Urbanhafen

Nun galt es die Innenstadt zu erobern. Den Landwehrkanal weiter runter erblickte man unzählige Punkte die man auch vom Land her kennt, doch eher selten von der Wasserseite aus betrachten kann. U-Bahnhof Hallesches Tor  - wie immer geschäftiges Treiben.
Plötzlich ein riesiges Flugzeug direkt backbord - wir haben das Technische Museum erreicht.
Kurz danach Steuerbord die Neue Nationalgalerie
Dit is ja wie Sightseeing.
Nun geht's am Zoo vorbei. Ich habe nur einen Fischreiher gesehen - ich glaub der gehört nicht dazu.

An der Capt'n Schillow vorbei und unter der "Strasse am 17. Juni" hindurch. Kurz darauf treffen wir wieder auf die Spree. Gehn Westen gesteuert fahren wir auf ihr weiter und halten an der Caprivi Brücke. Hier gibt's es eine Erfrischung für alle und man kann sich auf den Uferwiesen mal kurz lang machen.

Der Spree folgend rudern wir weiter. Die urbane Uferlandschaft weicht kurz grüner Bewaldung um kurz darauf von massiven Industriebauten abgelöst zu werden. Kraftwerk Reuter West mit eigenem Hafen, riesigen Gebäuden und einem massiven Kühlturm ist nicht zu übersehen.

An der Havel angelangt geht es weiter Richtung Tiefwerder. Unsere Kameraden warten sicherlich schon mit Kaffee und Kuchen. Jetzt ist es auch nur noch ein kurzes Stück. Am Südhafen ein scharfe Biegung (Udo meint 210° - aber ich weiß nicht).  Dann durch bis zum Unterhafen. Erstaunlich - auf dem kurzen Stück ganze vier Rudervereine. Wir legen an.
Am Ufer warten schon Hatsch (unser Landdienst heute) und viele Kameraden von Tiefwerder. Das neue leichte Boot wird zu Land getragen und die Spree wird sicher zwischen Steg und Ufer festgemacht.

Nach gut 33 Kilometern wird sich gereckt und gestreckt. Anschliessend bringen wir unsere Klamotten in die Herberge und setzen uns an den voll gedeckten Tisch. Auf Kaffee und Kuchen hatten wir uns die letzten Kilometer gefreut. Und natürlich auf unsere Kameraden, die man trotz des selben Vereins viel zu selten sieht. Die Entfernung ist halt doch nicht zu unterschätzen. 

Kaffee und Kuchen - wat will man mehr
Wat ham wa gelacht
Die regen Gespräche werden durch einen plötzlichen Wolkenbruch unterbrochen und wir flüchten in die gemütliche Vereinshütte. Als wenn nix gewesen wär geht es hier weiter mit Fachsimpeleien, alten Anekdoten und Kennenlernen der Neuwasserfahrer. Als der Regen wieder der Abendsonne wich setzten wir uns raus zum Grillen und später um die Feuerschale (die Nächte sind noch etwas kühl).
Kühl aber gemütlich um die Feuerschale


Tiefwerder spendete noch Bier, Hatsch zauberte aus dem Kofferraum lecker Wein.
Es war super lustig. Keule erzählte vom "Zeltlager", doch die Geschichte kann ich hier nicht wiedergeben. Sorry. 

Geschafft aber glücklich krochen wir zu später Stunde in unsere Kojen.
Leider nicht für lang.

Schon um 6:30 Uhr machte Fahrtleiter Udo Alarm. Komischerweise waren alle halbwegs fit. Nur ich schälte mich aus dem Schlafsack und war eher mürrisch unterwegs. Frühstück, Kaffee und dann schnell Sachen packen. Wir hatten heute noch gut Weg vor uns. Wir wollten nicht die  selbe Route zurück, sondern südlich durch den Teltow-Kanal.

Udo in aller Herrgottsfrühe gut drauf

Wir verabschiedeten uns von unseren Gastgebern. Es war wirklich toll. 
Nochmal winken und los. Ruff uff die Havel.

Bisl stürmisch heute - dachte ich. 
Bei der Insel Schwanenwerder kürzten wir ab - also Ruder lang - durch die kleine Brücke und rauf auf den Wannsee. 
Auf dem Wannsee hatte der Wind ein bisschen mehr Platz zum Wellen machen. Entsprechend schlug uns auch die ein oder andere Woge ins Boot. Doch wir kämpften uns durch (zu bedenken- wir waren doch alle noch ein wenig müde vom Vorabend). 
Die Segler hingegen freute es und somit zierte den Horizont ein Meer aus weißen Segeln. 

Ab dem kleinen Wannsee wurde alles entspannter. Schicke Villen an den Ufern und entspannte Fahrwasser. Beim Schülerinnen-Ruderverband ein kurzer Stopp und Steuermannswechsel. Weiter ging es über den Pohlesee, Stölpchensee dann den Gribnitzsee kurz angerissen. Von da aus rein in den Teltow-Kanal bis zur Schleuse Kleinmachnow
Ein grosses imposantes Gebäude. Noch durch Kaiser Wilhelm dem II fand die Eröffnung im Jahre 1906 statt. 2,86 Meter höher konnten wir dann weiter rudern. 

Von da an war es halt viel Kanal - aber schön. Links und rechts hatten wir grün. Jogger versuchten sich mit uns zu messen (vergeblich). Hin und wieder Brücken wo Eltern und ihre Knirpse winkten. Nur zum Anlegen bot sich nicht so recht Gelegenheit. Also kleiner Zwangsstopp an einer halbwegs brauchbaren Uferbefestigung und sofort wieder weiter. Udo und Co. sind schon an uns vorbei. Nächster Treffpunkt: Tempelhofer Hafen.



Dort angekommen ist es rappelvoll. Eine Wakeboard-Meisterschaft wird hier gerade ausgetragen. Wir finden mit unserem Boot nicht sofort einen Platz zum anlegen und von Udo ist keine Spur. Also am Floss vom Hafenmeister festgemacht und rübergeklettert. Die Pause war bitter nötig. Trinken und essen. Doch wo ist Udo? Mal anrufen. Sie hatten wohl auch keine rechte Anlegemöglichkeit entdeckt und sind weiter zu Wiking.

Ok. Dann galt für uns jetzt auch keine Eile mehr. Die kriegen wir eh nicht mehr ein.
Frisch gestärkt bestiegen wir wieder unser Boot und setzten die Fahrt fort.

Bei Wiking nochmal kurz Stopp um anschliessend in die Zieletappe aufzubrechen.
Britzer Verbindungskanal, Spree - vorbei am Rohbau zu neuen Süd-Ost-Verbindungsbrücke (Bing zeigt die fälschlicher Weise als schon existent).
Die Spree empfing uns wieder mit mehr Wellen und der Rixdorf Ausflugsdampfer der Reederei Riedel machte extra Welle - Sein Feierabend war im wohl wichtiger als das wir Heile ankommen. Danke dafür. 

Am Steg angekommen trugen unsere Kameraden gerade das andere Boot in die Halle. 
Am Steg vielen sich alle in die Arme und man schwatzte noch ein wenig über das gerade Erlebte. Den Neuwasser-Kameraden hat es auch gefallen und kennen jetzt auch den Weg zu unseren TiB Freunden im Norden. Das Wetter meinte es mehr als gut mit uns. Bei strahlendem Sonnenschein ruderten wir durch ganz Berlin. Das diese Fahrt eine der liebsten der Vereinsmitglieder ist versteht sich nach dem Erlebnis von selbst. Nächstes Jahr bestimmt wieder.


Text & Fotos: Helge Kubath © 2015